Wer nur im Jetzt lebt, wird im Alter in der Vergangenheit leben.


Wir hören doch ständig: Lebe im Hier und Jetzt! Vergiss das Morgen! Lebe heute so, als sei es dein letzter Tag…

 

Da ist sicher etwas dran – und es klingt furchtbar romantisch! Aber wollen wir das wirklich? Die Sache hätte einen Haken, sofern wir es wirklich schaffen könnten, nur noch im Hier und Jetzt zu sein:



Irgendwann entwickelten unsere Vorfahren den präfrontalen Cortex (PFC), einen großen Teil unseres Gehirns, den wir auch als einen Simulator bezeichnen könnten. Tiere haben den zwar auch, aber nicht wie bei uns: Kein Tier kann so gut wie wir in die Zukunft und in die Vergangenheit reisen. Mit dem PFC können wir planen und uns Dinge vorstellen, die es noch gar nicht gibt: „Hey, lasst uns ein Ding bauen, mit dem wir fliegen können – wie ein Vogel. Und wir nennen es…Flugzeug!“

 

Mit Hilfe des PFC reisen wir auch in die Vergangenheit, schwelgen in Erinnerungen oder lernen aus unseren Fehlern.

 

Wenn wir von heute ab nur noch im Jetzt leben, nutzen wir dieses Potential nicht mehr. Was hielte uns dann davon ab, nicht einfach jetzt zu kündigen? Stattdessen lassen wir uns volllaufen und futtern nur noch, was uns gefällt!

 

Weil uns die Konsequenzen in der Zukunft bewusst sind: Wir entscheiden uns jetzt gegen ein Six-Pack, weil wir glauben, dass Bier kurz vor einem Kundentermin um 9:30 Uhr uns unglücklicher machen wird – zumindest wird die Entscheidung unser Glück in der Zukunft nicht begünstigen.

 

Sagen wir, Knut ist ein Mann, der sich geschworen hat, ab heute überhaupt nicht mehr über die Zukunft nachzudenken. Er möchte nur noch das Leben genießen – als gäbe es kein Morgen! Übrigens motivieren die Hälfte aller Schlager-Songs uns dazu.

 

Der gute Knut wird in kurzer Zeit ziemlich aus dem Leim gehen, weil er einfach zu gerne Burger isst und diese mit Eis herunterspült. Er wird keine Opfer und Verpflichtungen mehr eingehen, nur noch arbeiten, wenn er gerade Lust dazu hat und jeden Abend feiern gehen.

 

Mittelfristig eine Katastrophe, was seine Beziehungen, seine Finanzen und vor allem seine Gesundheit angeht.

 

Wenn er alt ist (falls er jemals alt wird), wird er nur in die Vergangenheit reisen, da diese in der Erinnerung viel schöner sein wird als das „Jetzt in der Zukunft“. So ein Knut wird jedem Mitmenschen nur noch erzählen, wie schön es „früher einmal war“; was er für ein „toller Hecht“ mal war. Und wie gerne hören wir so einem Knut zu?

 

„Freunde die im Wein gemacht, halten so wie der Wein, nur eine Nacht!“

 

Es geht also nie darum, immer nur noch im Moment zu leben. Wieso hören wir dann diesen Rat so oft?

 

Weil dieser verdammte präfontale Cortex Fluch und Segen zugleich ist: Er erinnert uns ständig an unsere Niederlagen und traumatischen Erinnerungen. Der PFC sorgt dafür, dass wir häufig grübeln und uns Sorgen um ungelegte Eier machen. Weder das eine noch das andere macht Spaß oder nützt etwas.

 

Es kommt hier nicht auf die Dosis, sondern auf das Timing an: Wenn wir mit unserem Schatz den Sonnenuntergang genießen, dann brauchen wir gerade nicht über potentielle Einkäufe der nächsten Woche nachzudenken. Aber bevor wir einkaufen, bringt es uns eine Menge, zunächst zu planen, was wir wirklich brauchen.

 

Am Ende geht es um Kontrolle: Wir wollen bestimmen, wann wir planen und wann wir lieber voll und ganz den Moment genießen.

 

Wir sind mehr als unsere Gedanken, aber wie können wir dieses präfontale Ungetüm für uns abrichten?

Durch Training: Meditation.

 


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Heiko Edsen

Speaker, Trainer und FreiLenker

 

„...ich liebe es, andere zu ermutigen, scheinbare Grenzen zu verschieben!“

 

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