Können wir intelligent und trotzdem glücklich wie ein Labrador sein?

Vereinfachen oder differenzieren?


Marcel Reich-Ranicki zitierte einmal Heinrich Böll:

„Wir sollten nicht differenzieren – wir sollten lernen zu simplifizieren.“

Verstanden hatte ich das nicht so ganz. Wir haben doch in der Schule gelernt, stets zu differenzieren?

 

Inzwischen glaube ich, dass es drei Stufen gibt:

  1. Stufe: primitiv
  2. Stufe: differenziert / komplex
  3. Stufe: einfach


Jetzt brauchen wir ein Beispiel:

1. Alle Niederländer sind groß

 

2. Es gibt große, aber auch kleine Niederländer

 

3. Im Durchschnitt sind Niederländer die größten Menschen Europas

 

Aussage eins ist primitiv: Zu stumpf und in diesem Fall nicht wahr.

 

Aussage zwei ist da „richtiger“. Sie ist zwar besser als Aussage Eins, aber sie führt noch zu nichts. Im Grunde sagen wir hier nichts aus – kommen uns aber klüger vor als bei der ersten Stufe.

 

Bei der letzten Aussage haben wir die Sache auf den Punkt gebracht – im Kern ist sie richtig UND wir sagen hier etwas aus.

 

Die Schule – und oftmals auch die weitere akademische Laufbahn – trimmt uns darauf, zu differenzieren. Differenzieren scheint das höchste Gut zu sein! Die Gefahr dabei: hier aufzuhören!

 

Einmal saß ich in einer mündlichen BWL Prüfung (ich hatte BWL nur als Nebenfach studiert) und verstand die Frage des Prüfers nicht sofort. Ich antwortete mit einem eingeübten Muster (welches bei Mathematik nicht funktioniert hätte): „Nun, die Sache kann man von zwei Seiten betrachten, auf der einen Seite…blabla…aber auf der anderen Seite blablubb…Zusammengefasst lässt sich sagen, dass…“ Ehrlich gesagt, hatte ich selbst nicht verstanden, was ich da geantwortet hatte. Der Professor zeigte sich zufrieden und wir gingen zum nächsten Thema über – Planung und Entscheidung.

 

Ja klar, das klappt nicht immer. Und nein, es geht jetzt nicht darum, dass Differenzieren immer schlecht sei. Zu unterscheiden und eine Sache von zwei Seiten aus zu betrachten, bringt uns schon was. Es ist eine Weiterentwicklung, sofern…sofern wir den nächsten Schritt machen: Vereinfachen!

 

Ich beobachte bei einigen Diskussionen, daß bei vielen Mitmenschen "Kopfgeburten" entstehen (unglücklicherweise rutsche ich in dasselbe Muster): Sie reden viel, differenzieren immer weiter und sagen nichts aus! Wem nützt das?

 

Irgendwann sollten wir die Cojones auf den Tisch legen und wirklich etwas aussagen!

 

Problematisch: Viele Menschen verwechseln Schritt 1 und 3. Oberflächlich betrachtet wirken die beiden Schritte ähnlich. Tatsächlich steckt ein Prozess dahinter.

Sei einfach, aber nicht primitiv!

Lust auf ein weiteres Beispiel?

 

Früher habe ich mir immer gewünscht, möglichst dumm und stumpf sein. Einfache Menschen wirkten irgendwie glücklicher. Depressive Menschen scheinen häufiger intelligent bzw. komplex zu sein.

 

Wenn wir Hunde oder Kinder betrachten, freuen sie sich oft über – sehr wenig! Sobald alle Grundbedürfnisse erfüllt sind, ist alles in Ordnung.

 

Stufe 1: Das primitive Hunde-Gehirn. Hier stehen die Chancen gut, oft glücklich zu sein.

 

Der moderne Mensch, vor allem wir Akademiker haben aber kein primitives Hunde-Gehirn. Wir zerdenken alles. „Ist das wirklich richtig? Bin ich genug? Was denken die anderen, wenn ich das mache? Welche Werte sollte ich haben? Sollte ich mich jetzt nicht schämen…mehr anstrengen…mehr Pause machen? Darf ich mich wirklich nur für den Sonnenaufgang begeistern oder belächeln mich dann nicht die anderen?“

 

Stufe 2: Das komplexe Gehirn des modernen Menschen. Die Chancen oft glücklich zu sein, sind mau.

 

Wir versuchen dann, immer mal wieder in Stufe 1 abzurutschen – durch Betäubung oder Ablenken. Je mehr Bier wir trinken, desto primitiver werden wir. Kurzfristig klappt das, auf Dauer reicht Betäubung nicht aus.

 

Stufe 3: Das achtsame und kluge Gehirn:

Hier haben wir sehr guten Chance, glücklich und zufrieden zu sein.

 

He? Wie kommen wir da hin? Da bin ich mir nicht so sicher. Nur eine Idee:

 

Die glücklichsten Menschen der Welt meditieren – auf eine Art. Wir können da spirituell herangehen (Glaube, Erleuchtung…) oder über die Achtsamkeits-Schiene. Beten, Affirmieren, Visualisieren – für mich sind das alles Arten der Meditation.

 

Im Kern geht es um:

 

1.) Achtsamkeits-Training

 

2.) Verbundenheits-Gefühl (mit etwas, was größer ist als das eigene Ego)

 

Wann sind wir besonders glücklich? Wenn wir es schaffen, uns ganz auf eine Sache zu konzentrieren – wenn wir im Flow sind. Und: Wenn wir uns verbunden fühlen und uns keine Gedanken über unser Ego machen. Uns nicht mit anderen vergleichen, dankbar sind, anderen Menschen etwas geben…du kennst das.

 

Übrigens gibt es angeblich "den glücklichsten Menschen der Welt": Der Mönch Matthieu Ricard – dies ist sogar (*Hüstel*) wissenschaftlich nachgewiesen:

 

Zum Artikel / Studie

 

Wenn Du also auch zu den komplexeren Geistern gehörst und glücklicher werden möchtest: Meditiere täglich – trainiere Deinen Achtsamkeits-Muskel! Und überlege Dir, wie Du dich noch verbundener fühlen könntest...



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Heiko Edsen

Speaker, Trainer und FreiLenker

 

„...ich liebe es, andere zu ermutigen, scheinbare Grenzen zu verschieben!“

 

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