Komfort-Zone vs. Authentizität - 1. Teil

Welchen Nutzen hast Du vom Verlassen Deiner Komfort-Zone?

Wenn wir kritisiert werden, stellt sich immer die Frage, ob wir das Feedback annehmen möchten oder nicht.

 

Zu der Zeit, als ich zusammen mit meiner Kollegin Kirsten noch die Vinvoco Kurse gegeben habe, war ein wichtiger Bestandteil des Kurses das Feedback. Die Teilnehmer gaben sich gegenseitig Rückmeldung bzgl. ihrer dargebotenen Vorträge. Dabei entdeckten Kirsten und ich ein Muster bei einigen Teilnehmern:


Teilnehmer A hörte sich ein Feedback z.B. zu seiner Körperhaltung an und reagierte darauf mit: „So bin ich halt!“ oder auch „Ich kann das nicht ändern, ich möchte authentisch bleiben.“

 

Stufe Zwei ging so: Teilnehmer B gab A ein Feedback, z.B. „Ich habe gesehen, dass Du dich während deines Vortrages lässig an den Tisch gelehnt hattest und dabei beide Hände in deinen Taschen verschwanden. Fand ich aber so okay…so bist Du halt. Du bist da ganz authentisch!“ 

 

Kirsten und ich sind bei solchen Rückmeldungen fast vom Stuhl gefallen. Beide Hände in die Taschen zu stecken ist völlig in Ordnung…aber nicht, wenn es darum geht, einen Vortrag zu halten, um seine Zuhörer zu begeistern! Das hat mit Authentizität überhaupt nichts zu tun. Wir Menschen neigen dazu, sich Unwahrheiten zurecht zu biegen. Authentisch ist ein starkes Wort und gleicht hier einem Nicht-Angriffs-Pakt. „Bleib Du so, wie Du bist, ich will auch so bleiben, wie ich bin.“

 

Wir verwechseln hier schnell unseren Kern mit unserer Komfort-Zone. 


Unser Kern repräsentiert unsere Wurzeln und unsere wichtigsten Werte. Dieser Kern ist zunächst unwandelbar. Wenn jemand unseren Kern kritisiert, zucken wir am besten nur mit unseren Schultern und reagieren immer gleich: „Ja, so bin ich und so werde ich vorerst sicher bleiben!“

 

Wenn beispielweise „Familie“ einer Deiner wichtigsten Werte darstellt, lässt Du Dir von Deinen Freunden keinen Vorwurf machen, wenn Du wieder zu Deinem Partner oder Kindern zurückfahren möchtest. Weder Fremde noch Freunde haben unseren Kern zu kritisieren bzw. zu manipulieren.

 

In unserem Vinvoco Kurs ging es um andere Themen: Präsentation, Kommunikation und Stimmeinsatz. Die Teilnehmer kamen aus ganz Deutschland und sprachen in der Regel in ihrer regionalen Färbung bzw. mit ihrem entsprechenden Dialekt. Einmal kritisierte jemand mit glasklarem Hochdeutsch eine Teilnehmerin, die mit schwäbischen Dialekt sprach (sie hielt den Vortrag nicht auf Schwäbisch, sie betonte die Wörter nur typisch für die Region). Ihre kulturelle Färbung war jedoch ihr Kern. Daher schützten wir an dieser Stelle die Teilnehmerin.

 

Als die Zuhörer jedoch aufgrund von mangelnder Artikulation eines anderen Redners (er nuschelte) dem Inhalt kaum folgen konnten, unterstützten wir das Feedback. Wir empfahlen dem Vortragenden entsprechende Übungen zur Aussprache zu nutzen. Ein Dialekt gehört zum Kern. Mangelende Artikulation bei einem Lehrenden ist ein Aspekt außerhalb der Komfort-Zone. Eine „nuschelige“ Aussprache kann und sollte der Teilnehmer durch Training verbessern.


Wann weißt Du denn, ob es gerade um Deinen Kern oder um Deine Komfort-Zone geht?

Wenn Du Dir nicht sicher bist, ist es immer die Komfort-Zone. Denn wenn etwas Deinen Kern angreift, flüstert keine leise Stimme mehr. Sofern Dein Kern klar ist, wird Deine innere Stimme laut.

 

In der Regel biegen wir uns die Wahrheit zurecht. Wir versuchen so in unserer Komfort-Zone zu bleiben. Dann können wir der Verlockung kaum widerstehen und nutzen Argumente zur Verteidigung, die eigentlich unserem Kern entsprächen (authentisch, integer, „so bin ich halt“…).

 

Typische Indikatoren bzw. Beispiele: 

Für unseren Kern

Für unsere Komfort-Zone

Gewissen und innere Stimme:

-         „Das fühlt sich einfach nicht richtig an!“

Faulheit und innerer Schweinehund:

-         „Mach ich morgen…ein anderes Mal…“

-         „Lohnt sich das denn überhaupt?“

Charakter und tief verwurzelte Werte

Etwas persönlich nehmen,

Reaktion des Egos auf Kritik

Humor, Talente, Neigungen und Leidenschaften

Anstrengung oder auch leichter Schmerz, wie Muskelkater

Glaube

Alte Muster bzw. Glaubenssätze, die uns nichts nützen

 

 


Morgen geht es weiter mit dem zweiten und letzten Teil zur Komfort-Zone...



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Kommentare: 1
  • #1

    Stefan (Montag, 30 Januar 2017 12:10)

    Cooler Beitrag. Da muss ich noch etwas mehr drüber nachdenken!

Heiko Edsen

Speaker, Trainer und FreiLenker

 

„...ich liebe es, andere zu ermutigen, scheinbare Grenzen zu verschieben!“

 

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